Die Zeit drängt! Die Klimakrise schreitet ungehindert voran und die Klimakipppunkte drohen zu kippen. Die Weltgemeinschaft hat sich bei der Weltklimakonferenz COP28 auf eine Abkehr von den Fossilen geeinigt – und Deutschland? Hier behindert das über 40 Jahre alte Bundesberggesetz die Klimakrise und gehört daher dringend reformiert. Genau daran arbeite ich im Deutschen Bundestag.

In diesem Blogbeitrag erfährst du alles, was du über die dringend notwendige Novellierung das Bundesberggesetz wissen musst, Einblick in die Dringlichkeit der Lage und kurzem Exkurs über die Entstehung des Gesetzes.

Aber eins nach dem anderen:

Die Bedeutung der 1,5-Grad-Grenze

Wir sind aktuell kurz davor, die 1,5-Grad-Grenze zu überschreiten. Im Jahr 2023 sind wir der Schwelle gefährlich nahe gekommen, haben der EU-Wetterdienst Copernicus und die Weltorganisation für Meteorologie zu Anfang des Jahres festgestellt. Eine Überschreitung der 1,5-Grad-Grenze, also die dauerhafte Erhöhung der globalen mittleren Temperatur, ist gefährlich, weil wir das Klimasystem damit in einen instabilen Bereich führen, in dem Kipppunkte überschritten werden. Mit jedem zehntel Grad steigt das Risiko für das Auslösen unumkehrbarer Prozesse wie das Abschmelzen der Eisschilde Grönlands oder der Westantarktis. Das Kippen einzelner Kippelemente kann zudem aufgrund von Rückkopplungseffekten zur Überschreitung weiterer Kipppunkte führen. Damit befänden wir uns im Klimakollaps. Doch noch haben wir die Möglichkeit zu handeln.

Die Weltgemeinschaft hat sich im Übereinkommen von Paris 2015 auf eine Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad verständigt. Es dauerte weitere 8 Jahre, um sich auf ein geeignetes Mittel zu einigen. Das gewählte Mittel ist die Abkehr von den Fossilen, so hat es die Weltgemeinschaft auf der Klimakonferenz 2023 in Dubai beschlossen. Diese Abkehr lässt sich konkret übersetzen in den Ausbau der Erneuerbaren, die Veränderung von Finanzströmen und Entwicklungsbanken. Ein Gesetz, dessen Änderung eine besonders große Wirkung hätte, ist das Bundesberggesetz, oder kurz: das Bergrecht!

https://www.pik-potsdam.de/de/produkte/infothek/kippelemente/kippelemente

Was ist das Bergrecht?

Das Bergrecht ist 1980 in Kraft getreten und legt die gesetzliche Grundlage für den Rohstoffabbau in Deutschland. Es hat das Ziel, “den Markt mit Rohstoffen zu versorgen” und mögliche Hindernisse der Aufsuchung so gering wie möglich zu halten. Eine zentrale mögliche Auswirkung wird dabei aber völlig ignoriert: Die Folgen des Abbaus auf unser globales Klimasystem.

Die abgebauten Ressourcen reichen von dringend für die Energiewende benötigten Materialien bis zu aus Klimaperspektive unzweifelhaft kritischen Rohstoffen wie die Fossilen Erdöl, Erdgas und Braunkohle oder Kies und Sand, die zur Zement- und Betonproduktion genutzt werden. Der Abbau dieser Rohstoffe geht mit großen Eingriffen in Landschaft und Natur einher, oft werden landwirtschaftlich genutzte Flächen zerstört, Wälder gerodet und Menschen umgesiedelt. Hierdurch wird je nach abgebautem Rohstoff z.B. durch die Verbrennung von Braunkohle die Klimakrise direkt befeuert oder die Anpassungsfähigkeit an das veränderte Klima abgesenkt.

Warum eine Novelle?

Die letzte größere Reform des Bundesberggesetzes ist etwa 30 Jahre her. Zu der Zeit spielte die Klimakrise weder in der Gesellschaft noch der Gesetzgebung eine Rolle. Heute wirkt es unzeitgemäß, dass ein Gesetz die Förderung von Kohle, Öl und Gas regeln soll, die Klimakrise als solche aber nicht kennt. Darum muss der Klimaschutz im Bergrecht grundlegend verankert werden.

Das Ziel muss sein, dass das Bergrecht die Komplexität der aktuellen Umstände widerspiegelt, dass einerseits wichtige Rohstoffe für den Ausbau der Erneuerbaren benötigt werden, gleichzeitig aber Fossile unbedingt im Boden verbleiben müssen, um die Klimakrise nicht weiter anzuheizen. Grundsätzliches Anliegen unserer Politik ist die Reduktion der Nutzung von Primärrohstoffen sowie der Aufbau einer umwelt- und klimaschonenden Kreislaufwirtschaft.

Auch kann ein modernes Bergrecht in Deutschland internationale Maßstäbe setzen und über Energie- und Klimapartnerschaften einen globalen Impact haben.

Beteiligung verbessern!

Betroffene Personen und Umweltverbände haben in bergrechtlichen Verfahren nur sehr begrenzte Beteiligungsrechte. Die Beteiligung muss daher dringend und deutlich verbessert werden. Die Öffentlichkeit muss früh, umfassend und bürger*innennah durch die Genehmigungsbehörde informiert werden und beim Genehmigungsverfahren eine direkte Beteiligung erfahren. Von Bergbaumaßnahmen betroffene Bürger*innen und ihre Interessenvertretungen, Kommunen und Umweltverbände müssen ein umfassendes Klagerecht bei Bergbauprojekten erhalten. Um Konflikte zwischen Zivilgesellschaft und bergbautreibenden Unternehmen zu lösen, müssen Methoden wie Mediation und Schlichtung für alle Verfahrensstufen ausgebaut und implementiert werden.

Rohstoffsicherheit in Europa

Um einen sicheren Zugang zu kritischen Rohstoffen für die Energiewende zu gewährleisten, müssen wir global und in Europa besser zusammenarbeiten um faire Bedingungen für alle zu etablieren. Deshalb wurde im letzten Jahr der Critical Raw Materials Act (CRMA) beschlossen. Er legt 34 kritische Rohstoffe fest und versucht diese durch verschiedene Instrumente wie Partnerschaften oder Projekte sowie einen Fokus auf Kreislaufwirtschaft zu sichern. In Zukunft sollen so zehn Prozent der strategischen Rohstoffe bis 2030 aus heimischem Bergbau stammen. Es gibt jedoch auch viel Kritik am CRMA. So mangelt es an klaren Richtlinien für die Sorgfaltspflichten bei der Beschaffung von Rohstoffen und Stakeholder in ressourcenreichen Ländern fordern eine stärkere Beteiligung und Mitspracherechte. Einige indigene Gemeinden äußern sogar die Sorge, dass sich ihre Situation unter dem CRMA verschlechtern könnte. Hier müssen wir genau hinschauen und die Gemeinden vor Ort unterstützen. Für die Novellierung des Bergrechts gibt der CRMA nun auch Verpflichtungen mit, da gemeinsam überlegt werden muss, wie strategische Rohstoffe in der EU erschlossen werden können.

Standards für Menschenrechte und Umwelt bei importierten Rohstoffen

Die Energiewende erfordert eine Menge an Rohstoffen, die aktuell Importe unumgänglich machen. Grundsätzlich sollten wir deshalb immer darauf setzen, unsere Verbräuche zu verringern und bestehende Rohstoffe besser zu recyceln. Trotzdem werden wir langfristig von Rohstoffimporten abhängig sein, auch weil bestimmte Elemente wie Iridium für den Bau von Elektrolyseuren sehr selten sind. Der Abbau von Rohstoffen ist jedoch häufig mit Menschen und Umweltrechtsverletzungen assoziiert. Als Abnehmer ist es deshalb unsere Pflicht, Importbedingungen an den Schutz von Mensch und Umwelt zu knüpfen. Schon heute zeigen viele Beispiele weltweit, welche zerstörerische Kraft der extraktivistische Abbau hat. Im Kongo arbeiten Kinder und Erwachsene unter lebensbedrohlichen Bedingungen, um Kobalt für die Akkus von E-Autos zu erschließen. Aber auch die Weiterverarbeitung vieler Metalle hat drastische Folgen für die ansässige Gemeinden. In Indonesien beispielsweise werden für die Nickelschmelze der Gigaanlage IWIP indigene Gemeinden vertrieben und 12 Kohlekraftwerke für die Verarbeitung des Metalls betrieben. Diese verbrennen fast mehr Kohle als Brasilien in einem Jahr.  Dies setzt enorme Mengen an CO2 frei und führt zu Trinkwasserverschmutzungen und Lungenkrankheiten in der Bevölkerung. Die Nachfrage nach Rohstoffen heizt somit lokale Konflikte an und gefährdet Menschen, die Umwelt und indigene Rechte.

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