Nachtzug ÖBB
Statt an einem europaweiten Nachtzugnetz mitzuarbeiten, hat Deutschland seine Nachtzüge abgeschafft. (Foto: Christof Lackner/​Innsbruck Tourismus/​ÖBB)

Unsere Eltern konnten problemlos mit der Bahn durch Europa fahren. In den 1980er Jahren verband ein Bahnnetz ganz Europa miteinander.

In den letzten Jahrzehnten ist etwas in der Entwicklung des europäischen Bahnverkehrs etwas verdammt schiefgelaufen. Während Flugstrecken ständig ausgebaut wurden und es jetzt nur wenige Euro kostet, um nach Barcelona oder in andere europäische Metropolen zu fliegen, wurde das Bahnsystem vernachlässigt.

Schuld trägt unter anderem eine Kleinstaaterei der europäischen Bahnpolitik. Auf der Tagesordnung der heute in Lissabon tagenden EU-Verkehrsminister:innen ist der Bahnverkehr zwar zu finden, aber abgesehen von einzelnen Prestigeprojekten fehlt es am Willen zu einer wirklich progressiven Bahnpolitik.

Angesichts der Klimakrise wird es zwingend notwendig, den Trend der letzten Jahrzehnte umzukehren: Europäische Kurzstreckenflüge müssen schnellstmöglich überflüssig und eine klimafreundliche Mobilität muss für alle Menschen barrierefrei angeboten werden.

Porträtaufnahme von Anna Emmendörffer.
Foto: privat

Anna Emmendörffer

studiert in Potsdam "Urbane Zukunft" und kandidiert auf Platz drei der bündnis­grünen Landes­liste in Branden­burg für den Bundestag. Die 25‑Jährige hat vor allem die Anbindung der ländlichen Regionen sowie Bahn­verbindungen nach Osteuropa im Blick.

Jede von uns sucht ständig nach Wegen, um das Fliegen, ob für berufliche oder private Zwecke, zu vermeiden. Aber es wird uns wahrlich schwer gemacht. Tickets sind teuer und müssen bei unterschiedlichen Bahnanbietern gekauft werden, in manchen Regionen immer noch vor Ort.

Unsere Erfahrungen sprechen Bände. Eine von uns benötigte über 20 Stunden von Barcelona nach Lissabon, mit drei unterschiedlichen Ticket- und Reservierungssystemen. Eine andere legte die Strecke bis nach Tallinn ins Auslandssemester mit diversen, teils nächtlichen Umstiegen per Bus zurück.

Eine Dritte hatte auf der Fahrt zu einer Freundin im Norden Schwedens vier Stunden nächtlichen "Aufenthalt" in Malmö. Das steht in Gänsefüßchen, weil der Aufenthalt de facto darin bestand, dass alle Fahrgäste aus der kärglichen Vorhalle rausgeschmissen wurden und mitten im Februar auf einer metallenen Vorplatz-Bank ausharren mussten.

Porträtaufnahme von Milla Fester.
Foto: Henning Angerer

Milla Fester

Emilia "Milla" Fester ist die junggrüne Kandidatin auf Listenplatz drei der Grünen Hamburg. Als Jugendpolitikerin setzt sich die 23‑jährige Regieassistentin für Klima- und Generationengerechtigkeit ein.

Solche Erlebnisse haben uns geprägt und deshalb meinen wir es sehr ernst mit der Forderung, dass es in Europa ein vernünftiges und sicheres Nachtzugnetz geben muss.

Mobilität ist für uns dabei auch eine zentrale Frage der sozialen Gerechtigkeit. Staatliche Unterstützung muss sicherstellen, dass alle Menschen durch ein flächendeckend ausgebautes, zuverlässiges europäisches Bahnnetz Zugang zu klimaneutraler Mobilität haben.

Wir wollen, dass die Bahn zu einem Verkehrsmittel für alle wird. Europäische Bahnverbindungen brauchen deshalb barrierefreie Zugänge, müssen für Menschen mit körperlichen Einschränkungen nutzbar und auch an die Bedürfnisse von Frauen, Kindern und älteren Menschen angepasst sein.

Und ja, das kostet Geld. Hier liegt die Verantwortung bei der Politik, dafür zu sorgen, dass die vorhandenen EU-Finanzmittel im Bereich Mobilität für Ausbau, Instandhaltung und Modernisierung des Schienennetzes genutzt werden und nicht in weitere Flughäfen oder Straßen fließen.

Porträtaufnahme von Kathrin Henneberger.
Foto: privat

Kathrin Henneberger 

arbeitet für den Verein Institute of Environ­mental Justice. Die Klima­gerechtigkeits­aktivistin aus dem Rheinland kandidiert auf Listenplatz 20 der Grünen in NRW.

Wir wollen nicht länger darauf warten, dass männliche Verkehrsminister darüber bestimmen, ob und wie es endlich zu einer europäischen "Railrenaissance" kommt. Ab Herbst sitzen wir aller Voraussicht nach im Bundestag – dann wollen wir das Thema selbst in die Hand nehmen.

Den ersten Schritt gehen wir heute: Gemeinsam mit anderen jungen Bundestagskandidatinnen haben wir neun konkrete Forderungen an die EU-Verkehrsminister:innen gestellt.

 

 

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