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Dienstreise Ägypten 11. November bis 19. November 2022

In meiner Funktion als zuständige Berichterstatterin im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für die Themen Klimagerechtigkeit und internationale Klimapolitik, Menschenrechte sowie in meiner Funktion als Berichterstatterin im Ausschuss für Klima und Energie und im Unterausschuss internationale Klima- und Energiepolitik, reiste ich vom 11. November bis 19. November nach Ägypten, mit dem Ziel in Kairo Vertreter*innen von Menschenrechtsorganisationen zu treffen sowie in der Stadt Sharm El-Scheikh an der UN-Klimakonferenz (COP 27) teilzunehmen. In Kairo wurde ich von meiner Mitarbeiterin Sarah Hüther begleitet.

Situation der Menschenrechte in Ägypten

Mit großer Besorgnis haben wir im Vorfeld der COP27 auf die Menschenrechtslage in Ägypten geblickt. Denn, obwohl Pressefreiheit und Versammlungsfreiheit in der Verfassung verankert sind, schränkt die ägyptische Regierung diese Rechte systematisch ein: Spielräume für zivilgesellschaftliches Engagement werden immer kleiner. Repressionen und andere Formen der Unterdrückung gegen ägyptische Menschenrechtsverteidiger*innen, Journalist*innen, Aktivist*innen, einschließlich Umweltaktivist*innen, haben zugenommen: Von Einschüchterung und gerichtlichen Schikanen bis hin zum Verschwinden von Personen, Folter, willkürlichen Inhaftierungen, Einzelhaft, Scheinprozessen und Verurteilungen durch Sondergerichte. Begründungen für jahrelange Verurteilungen können zum Beispiel „Verstöße gegen die öffentliche Moral“ oder „Verbreitung von Fake News“ sein.

Die verstärkte internationale Überprüfung der Menschenrechtsbilanz hat in diesem Jahr zu einigen Freilassungen von Gefangenen geführt. Dies zeigt, dass internationaler Druck wirken kann. Es wird geschätzt, dass in den letzten sechs Monaten 676 Personen wieder freigelassen wurden. Doch im gleichen Zeitraum wurde von der nationalen Sicherheitsstaatsanwaltschaft eine sehr viel höhere Zahl an Inhaftierungen erneuert oder neu angeordnet. Im unmittelbaren Vorfeld sowie während der COP kam es erneut zu Verhaftungen. Wir befürchten, dass es nach der COP27 zu einer erneuten Verhaftungswelle und weiteren Repressionen gegen die Zivilgesellschaft kommen kann und haben unter anderem auch deshalb mit Mitarbeiter*innen der deutschen Botschaft vereinbart mit künftigen Besuchen und Anfragen parlamentarische Präsenz zu zeigen.

Wir haben uns im Vorfeld der COP27 mit Akteuren der ägyptischen Zivilgesellschaft, wie mit Euromed Rights, Egyptian Human Rights Forum und Egyptian Front for Human Rights verbunden und gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit gemacht. Da der Wunsch geäußert wurde, dass wir vor der COP27 in Kairo vor Ort Menschenrechtsakteure treffen, haben wir dies getan.

Inklusion der Zivilgesellschaft auf der COP 27

In diesem Jahr wurden weniger Akkreditierungen ausgegeben als bei den letzten COPs, weshalb insgesamt deutlich weniger Akteure der Zivilgesellschaft vor Ort waren. Hohe Hotelpreise (es gab Fälle, in denen die Hotels bei Ankunft der Teilnehmenden ihre Preise zusätzlich erhöhten ohne vorherige Ankündigung, sodass die Personen gezwungen waren den Preis zu zahlen oder sich kurzfristig eine neue Unterkunft zu suchen) sowie die Befürchtungen sich der Überwachung durch das ägyptische Regime auszusetzen, hielten weitere Akteure der Zivilgesellschaft davon ab nach Sharm El-Scheikh zu fahren. Vor Ort berichteten mir Vertreter*innen internationaler sowie deutscher NGOs von bisher auf COPs noch nicht in dem Ausmaß stattgefundener Überwachung. Veranstaltungen sowie auf dem UN Gelände stattfindende Protestaktionen wurden von ägyptischem Sicherheitspersonal fotografiert und gefilmt. Außerhalb der Konferenz waren Proteste nur auf einem ausgewiesenen Feld möglich, mit Anmeldung vorab und dem Passieren eines Sicherheitschecks, bei dem Ausweise kontrolliert wurden sowie Rücksäcke durchsucht – auch bei Vertreter*innen der Presse sowie Menschen mit diplomatischem Pass. Auch hier wurden Menschen der Protestaktionen gefilmt sowie fotografiert von ägyptischem Sicherheitspersonal.

Für die COP28 in 2023 in den Vereinigten Arabischen Emiraten wird es wichtig sein wieder mit Akteuren der Zivilgesellschaft in einem engen Austausch zu stehen. Besonders positiv möchte ich die Arbeit der deutschen Botschaft in Ägypten bei der COP27 hervorheben, die sich im Vorfeld sowie vor Ort sehr um die Sicherheit der Zivilgesellschaft bemüht hat und immer ansprechbar war.

Ereignisse auf der UN-Klimakonferenz

Neben dem Folgen der Verhandlungen konnte die Anwesenheit genutzt werden um bestehende und neue Projekte und Themenfelder der parlamentarischen Arbeit umzusetzen. Hier Beispiele:
Parlamentarische Zusammenarbeit mit Abgeordneten aus Brasilien: Auf der COP27 konnten wir uns auch mit den brasilianischen indigenen Parlamentarierinnen Célia Xakriabá und Sônia Guajajara austauschen und zukünftige Formen der Zusammenarbeit besprechen. Dabei haben wir uns entschieden eine parlamentarische Arbeitsgruppe zu beginnen, mit dem Ziel eine enge Zusammenarbeit für den Schutz (und Rückgabe) indigener Territorien zu erreichen. Die Wiederauflebung des Amazonienfonds ist ein erster wichtiger Schritt. Wir wollen diesen weiterentwickeln, sodass indigene Gemeinden (besonders Frauengruppen) Förderungen direkter und unbürokratischer erreichen. Unter Bolsonaro haben Menschenrechtsverletzungen gegen die Indigene Bevölkerung enorm zugenommen. Jetzt mit der Wahl von Lula und der Verstärkung der Teilhabe Indigener in den Entscheidungsstrukturen hoffen wir auf eine Verbesserung. Die Partnerschaft wurde bereits von der brasilianischen Presse(1) aufgegriffen und von Célia Xakriabá und Sônia Guajajara und uns öffentlich bestätigt. Auf der COP27 hatte ich wieder die Gelegenheit mit brasilianischen Indigenen Verbänden wie COIAB (Koordination der Indigenen Verbände des Brasilianischen Amazonas) zu sprechen. Hier war das wichtigste Thema der Zugang zu Förderung für Indigene, wie beispielsweise über den Amazonienfonds. Wir konnten ein Treffen gemeinsam mit COIAB, dem BMZ und der WB organisieren, wo wir uns über zukünftige Fördermöglichkeiten für Indigenen austauschten.

Klimapartnerschaft mit Kolumbien: Am 11. November beschloss der Bundestag innerhalb des Ampel Antrages zur COP27 eine Klimapartnerschaft mit Kolumbien. Auf der COP27 konnten wir uns unter anderem auch dazu mit unterschiedlichen Akteuren aus Kolumbien treffen. Besonders wichtig war uns der Austausch mit Vertreter*innen des indigenen Dachverbandes Kolumbiens. Wir haben uns darauf verständigt gemeinsam einen Kriterienkatalog zu erstellen, welche Leitlinien eine Klima(gerechte) Partnerschaft auf Augenhöhe und mit Blick auf Rechte der indigenen Bevölkerung, Wald- und Naturschutz sowie Transformation haben sollte, um diese in die Verhandlungen einfließen zu lassen.

EACOP in Uganda: Im COP27 Ampel-Antrag vom 11. November wurde ebenfalls festgehalten: „Der Deutsche Bundestag begrüßt: […] dass mehrere Banken und international agierende Unternehmen ihrer Verantwortung nachkommen und die Finanzierung fossiler Vorhaben, wie beispielsweise der EastAfrican Crude Oil Pipeline (EACOP) abgelehnt haben, um mit ihren Investitionen in neue Projekte neben der Einhaltung der Menschenrechte auch die Umwelt- und Klimawirksamkeit zu beachten.“ Auf der COP27 konnten wir dazu Vertreter*innen des Bündnisses „Stop EACOP!“ aus Uganda und Tansania treffen und gemeinsam nächste Schritte der Zusammenarbeit besprechen. Da das EACOP bauende französische Unternehmen Total Energies auf die Finanzierung des Projektes angewiesen ist, werden wir nun Gespräche mit den Banken suchen, die sich noch nicht klar gegen eine Finanzierung ausgesprochen haben.

Pazifische Inselstaaten: Einige pazifische Inselstaaten sind schon heute so stark vom Anstieg des Meeresspiegels sowie von Extremwetterereignissen wie Sturmfluten betroffen, dass die Menschen ihre Heimat verlassen müssen. Dazu ausgetauscht habe ich mich mit Vertrer:innen des Pacific Islands Climate Action Network (PICAN) gehört zum Climate Action Network (CAN) und arbeitet vorwiegend zu folgenden Themen: klimainduzierte Migration, Flucht und Vertreibung, Schäden und Verlusten sowie Anpassung an die Klimakrise in der Südpazifik-Region. Neben der Erreichung eines Loss & Damage Fonds sprachen wir über die Möglichkeiten Projektgelder so zu gestalten, dass Gemeinden an kleinere Beträge sowie direkt Zugriff erhalten. 

Außerdem konnte ich mich treffen mit der Loss & Damage youth coalition: ein Zusammenschluss globaler junger Klimaakteure, die in einer Art Netzwerk beständig zum Thema Schäden und Verluste arbeiten. Ein Großteil der Gruppe besteht aus jungen Frauen aus dem globalen Süden und wir wollen weiter eng zusammenarbeiten für die Ausgestaltung des Loss and Damage Fond. 

Ein Treffen fand auch statt mit GenderCC und LIFE e.V., mit einer  Bauernorganisation aus Indonesien sowie Saleemul Huq aus Bangladesch , Klimazeugen in Vernetzung von Brot für die Welt, Adrían Martinéz Blanco von La Ruta del Clima, Maria Paula Fernandes & Camila Perussi von Uma Gota no Oceano, Russischen Indigenen Vertreter*innen mit der Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. und CCDB Bangladesch. Es gab mehrere Treffen mit deutschen Klima-NGOs (Klima Allianz, BUND, FoE, NABU, Germanwatch, Misereor, Brot für die Welt, CARE  u.v.m.) sowie den Global Greens und Young Global Greens. 

(1) https://oglobo.globo.com/blogs/lauro-jardim/post/2022/11/cop27-indigenas-eleitas-firmam-colaboracao-com-partido-verde-alemao-para-defesa-de-territorios.ghtml

Teilnahme an Side-Events der COP27

Als Panelistin konnte ich auf zwei Side-Events auf der COP27 mit diskutieren: einmal am 17.11. bei der Veranstaltung „The Diplomacy Angle – What COP must achieve“ der Global Greens – gemeinsam mit Liliana Poposkova, einer Klima- und Umweltexpertin und ehemaligen Abgeordneten aus Nord Mazedonien, Lucy Kagendo von den Global Greens aus Kenya, Dr. Batjargal Zamba vom Climate Change Research and Cooperation Center sowie Umweltministerium der Mongolei und Dr. Enkhbayar Shagdar vom Economic Research Institute for Northeast Asia (ERINA) aus Japan.
Und dann ebenfalls am 17.11. beim Side-Event „(De)growing into a climate just future“ im Deutschen Pavillon mit der IPCC-Wissenschaftlerin Joyashree Roy, dem Degrowth-Forscher Tim Parrique sowie den Aktivist*innen Kentaro Yamamoto aus Japan und Farzana Faruk Jhumu aus Bangladesh von Fridays for Future. In diesem Panel haben wir den Nexus Postwachstum/Klimagerechtigkeit aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet.