Reisebericht: Brasilien 2023

Dienstreise Brasilien 14.Mai bis 21.Mai 2023

In meiner Funktion als zuständige Berichterstatterin im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für die Themen Mercosur, Menschenrechte, Klimagerechtigkeit, Umwelt- und Menschenrechtsverteidiger*innen, sowie in meiner Funktion als Berichterstatterin im Ausschuss für Klima und Energie, reiste ich vom 14.Mai bis 21.Mai nach Brasilien.

Ziel der Reise war der Austausch und eine Vertiefung der Zusammenarbeit mit Vertreter*inne indigener, traditioneller sowie afro-kolumbianischer Gemeinden, mit Akteuren der Zivilgesellschaft sowie der neuen brasilianischen Regierung und Kongress Abgeordneten. Thematischer Schwerpunkt der Reise war die wieder Auflebung der Deutsch- Brasilianischen Beziehung nach der Abwahl Bolsonaros, besonders mit Blick auf indigene Rechte, Waldschutz, Maßnahmen gegen die Klimakrise, Extraktivismus und Landwirtschaft.

Teile der Termine wurde gemeinsam wahrgenommen mit Mdb Maik Außendorf sowie mit den MdEPs Anna Cavazinni und Yannick Jadot.

In der Hauptstadt Brasília trafen wir uns mit Vertreter*innen der Klima- und Umweltzivilgesellschaft, mit IBAMA (Instituto Brasileiro do Meio Ambiente e dos Recursos Naturais Renováveis/ deutsch Brasilianisches Institut für Umwelt und erneuerbare natürliche Ressourcen) sowie dem Außenministerium und Indigenenministerium. In der Region Cerrado besuchten wir Quilombola Community (Afro-Kolumbianischen Gemeinden) und sprachen über die Auswirkungen er Klimakrise sowie den Anbau von Monokulturen und Rinderhaltung auf die Ökosysteme und ihre kleinbäuerliche Landwirtschaft. Bei Santarem in der Region des Amazonas Regenwaldes besuchten wir im dem Umweltschutzgebiet des Tapajós traditionelle Flußgemeinden, trafen Vertreter*innen der indigenen Gemeinden und besuchten das Institut für Biodiversität und Wälder und unter anderem auch die Fischereigewerkschaft.

Die internationale Zusammenarbeit zwischen Brasilien und Deutschland spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung globaler Herausforderungen im Bereich Umwelt- und Klimaschutz, Menschenrechte und Indigene Rechte. Beide Länder haben erkannt, dass der Schutz von Ökosystemen, die Förderung nachhaltiger Entwicklung und die Achtung der Menschenrechte von globaler Bedeutung sind und eine enge partnerschaftliche Zusammenarbeit erfordern.

Im Kontext meiner jüngsten Reise nach Brasilien, im Mai 2023, hatte ich die wertvolle Gelegenheit, persönliche Einblicke in die Fortschritte, Herausforderungen und Potenziale dieser Zusammenarbeit zu gewinnen. In diesem Reisebericht möchte ich meine Erfahrungen und Erkenntnisse teilen, um die Bedeutung dieser Kooperationen zu unterstreichen und Impulse für zukünftige gemeinsame Anstrengungen zu setzen.

Nach meiner Ankunft am Montag früh, den 15. Mai 2023, in Brasília fuhren wir in die Deutsche Botschaft, wo ich Gespräche mit Vertreter:innen der Botschaft, GIZ und KfW hatte. Wir erhielten ein umfassendes Briefing über die politische und wirtschaftliche Lage des Landes sowie über die Umwelt- und Menschenrechtsfragen, die Brasilien derzeit beschäftigen, und die internationale Zusammenarbeit in diesen Themengebieten. Brasilien ist ein wichtiger globaler Partner für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) aufgrund seiner Rolle in der internationalen Politik und seiner Bedeutung im globalen Klimaschutz. Das BMZ hat derzeit Vorhaben mit Brasilien im Wert von 1,25 Milliarden Euro laufen. Der von Deutschland und Norwegen finanzierte Amazonienfonds wurde nach der erneuten Amtseinführung von Lula wieder aktiviert, der über rund 600 Millionen Euro für neue Projekte verfügt. Das Entwicklungsministerium hat bereits 35 Millionen Euro dafür bereitgestellt.

In Alter do Chão, Santarém trafen wir Vertretern:innen der NGO „Projeto Saúde e Alegria“ (PSA), Comissão Pastoral da Terra“ (CPT) sowie Vertreter:innen der indigenen Bevölkerung: Val Munduruku und Alessandra Munduruku. Die Diskussion drehte sich um Themen wie nachhaltige Formen der Waldnutzung in der Region und akute Konflikte, die dort herrschen. Die Vertreter von PSA gaben einen Einblick in ihre Bemühungen um umweltverträgliche Ressourcennutzung und deren Auswirkungen auf die lokalen Gemeinschaften.

Die Munduruku sind eine indigene Gemeinschaft in Brasilien, die hauptsächlich im Amazonasgebiet lebt, insbesondere entlang des Flusses Tapajós im Bundesstaat Pará. Sie sind bekannt für ihre reiche Kultur, traditionelle Lebensweise und ihre enge Verbindung zur Natur. Die Munduruku sind eine der größten indigenen Gruppen in Brasilien und haben eine lange Geschichte und tiefe Wurzeln in der Region. In den letzten Jahren haben die Munduruku aktiv für den Schutz ihrer Territorien und Rechte gekämpft, da diese durch Bergbau (illegaler Goldabbau), Holzeinschlag und Infrastrukturprojekte bedroht sind. Sie sind entschiedene Verfechter des Umwelt- und Klimaschutzes und haben internationale Anerkennung für ihre Bemühungen erhalten.

Neben Endwaldungen hat der illegale Goldabbau besonders schwerwiegende Auswirkung auf die Umwelt und Gesundheit der Bevölkerung. Die Verwendung von Quecksilber bei der Goldgewinnung führt zur Freisetzung dieses gefährlichen Schwermetalls in die Flüsse. Dies vergiftet das Wasser und schädigt die aquatischen Ökosysteme. Indigene Gemeinden, die in der Nähe von illegalen Goldminen leben, sind einem erhöhten Risiko für Quecksilbervergiftung ausgesetzt. Die Vergiftung von Flüssen und Böden mit Quecksilber, belastet besonders auch die Fische und betrifft somit auch direkt die Nahrungsgrundlage der indigenen Gemeinschaften. Der illegale Goldabbau führt oft zu Konflikten zwischen den indigenen Gemeinschaften und den illegalen Goldsuchern oder Bergbauunternehmen. Diese Konflikte sind gewalttätig und gefährden die Sicherheit der indigenen Bevölkerung. Indigene, die sich öffentlich gegen Goldabbau aussprechen, müssen mit Bedrohungen rechnen. Val Munduruku und Alessandra Munduruku werden ebenfalls bedroht. Um den (illegalen) Abbau bzw Schürfung von Gold
im Amazonas zu begegnen ist es wichtig das indigene Territorien besser geschützt werden, es stärkere staatliche Eingriffe gibt und Lieferketten des globalen Goldmarktes lückenlos kontrolliert werden.

Neben den Abbau von Rohstoffen ist die Landnahme für Soja- und Maisplantagen die größte Bedrohung für die indigenen und traditionellen Gemeinden. Eine Demarkierung indigener Territorien wird deshalb von den Gemeinden sowie zivilgesellschaftlichen Akteuren gefordert.

Die Nichtregierungsorganisation „Comissão Pastoral da Terra“ (CPT) spielt eine maßgebliche Rolle bei der Unterstützung von Landarbeiter:innen, indigenen Völkern und Gemeinschaften auf dem Land in Brasilien. Sie bieten rechtliche Unterstützung und Beratung für Menschen, die in Landkonflikte verwickelt sind, und setzen sich für faire Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft ein. Die Organisation fördert auch Bildungs- und Bewusstseinsbildungsprogramme, um die ländliche Bevölkerung über ihre Rechte zu informieren und ihre Fähigkeiten zu stärken.
Ein besonderer Schwerpunkt der CPT liegt auf der Förderung der Landreform und der Verteidigung des Landbesitzes von indigenen Völkern und traditionellen Gemeinschaften. Sie sind aktiv in der Dokumentation von Landkonflikten, der Unterstützung von Verhandlungen und der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für diese Angelegenheiten.

 

Besuch des Umweltschutzgebiets „Resex Tapajós-Arapiuns“

Dieses Gebiet wird durch das „ARPA“-Programm unterstützt, an dem auch Deutschland beteiligt ist. Hierbei handelt es sich um einen praktischen Ansatz zum Erhalt und zur Verwaltung von Umweltschutzgebieten. Der Besuch verdeutlichte die Bedeutung internationaler Kooperationen für den Schutz wertvoller Ökosysteme. Die Verbindung zwischen lokalen Bemühungen und internationaler Unterstützung wurde in diesem Kontext besonders deutlich. Die Fahrt bot die Gelegenheit, die ökologische Wichtigkeit und die Notwendigkeit des Erhalts solcher Schutzgebiete zu erkunden.

Besuch des CEFA-Zentrums und Flussanrainergemeinde „São Domingos“

Das „CEFA“-Zentrum arbeitet in Zusammenarbeit mit traditionellen Flussanrainergemeinschaften. Das Zentrum fungiert als Schulungs- und Technologiezentrum und konzentriert sich auf nachhaltige Waldnutzung, Umweltschutz und Landwirtschaft. Das Projekt profitiert von Mitteln des „Amazonasfonds“, an dem auch Deutschland beteiligt ist. Ziel des Zentrums ist unter anderem die Aufforstung von Gebieten, die bereits unter Savannenbildung leiden. Dafür existieren Baumschulprogrammen mit regionalen alten Baumsorten. Ein weiteres Ziel ist es der lokalen Bevölkerung wirtschaftliche Perspektiven zu ermöglichen. Besonders beeindruckend war die von Frauen geführte Imkerei.

Flussanrainergemeinde „São Domingos“, Flora Tapajos (Nationalwald)

Es gibt unterschiedliche Abstufungen der brasilianischen Nationalparks. In dem Schutzgebite des Tapajos dürfen die Traditionellen Gemeinden den Wald nutzen um Obst und Nüsse zu ernsten sowie für Kunsthandwerk Holz zu entnehmen. Die Einlasskontrollen an den Zugängen zum Park werden einmal im Monat von der Umweltbehörde besucht und geprüft.
Am Fluss leben 81 Familien (ungefähr 350 Menschen). Seit einem Jahr werden existiert in drei Gemeinden eine Müllabfuhr, die Gemeinden die tiefer im Schutzgebiet leben haben jedoch noch keine.
Kinder gehen bis zum 10 Lebensjahr in ihren Gemeinden in die Schule, für weiterführende werden sie morgens mit einem Schulbus abgeholt. Die Familien erhalten für ihre Kinder finanzielle Unterstützung- aber nur wenn sie vorweisen können, dass die Kinder die Schule besuchen. Für die Universität ist ein Eignungstest nötig, jedoch gehen weniger als 5% der jungen Menschen zur Universität. Ein zentraler Grund ist laut der Menschen in den Gemeinden, dass es schwer ist ein Platz zu erhalten und die Finanzen für ein Studium aufzubringen.

Einkommen erwirtschaften die Familien in den Gemeinden am Tapajos individuell. Ein halbes Jahr, wenn die Sandbänke freiliegen, können sie aus den Einnahmen aus Tourismus leben. In den anderen sechs Monaten sind es primär Einnahmen aus Kunsthandwerk und Erzeugnissen aus Landwirtschaft und gesammelten sowie gejagtem aus dem Wald. Der Fischfang dient primär zur Selbstversorge und dem Verkauf in den Gemeinden. Vor einer Generation gab es auch Familien, die von Fischfang leben konnten.

Bei Gesprächen mit lokalen Anwohnenden der Traditionellen Gemeinde wurde immer wieder auf die besondere Abhängigkeit auf die Existenz des geschützten Walden hingewiesen. Der Wald ist klassifiziert als Schutzgebiet mit nachhaltiger Nutzung der natürlichen Ressourcen. Aufgrund der Biodiversität und funktionierenden Ökosystem, können die Menschen von den Früchten des Waldes sowie innerhalb ihrer zur Jagt erlaubten Menge, die Grundlagen ihrer Eigenversorgung mit Lebensmitteln decken sowie Medizin herstellen. Die Sandstrände (in Trockenzeiten) erlauben zudem einen Tourismus und somit weitere Einnahmen.

In Regenzeiten sind die Ufer primär und ein Stück des Waldes überflutet. Die Bäume sorgen für einen niedrigeren ph-Wert im Wasser, weshalb sich (so wurde uns vor Ort berichtet) die Population von Moskitos verringert. Da die großen Regenwaldbäume einen stabileren Boden benötigen, fängt ihr Bewuchs erst auf Lehmboden vom Ufer weiter entfernt an. Das Schutzgebiet ist, je nach Gemeinde, unterteilt in unterschiedliche Sektoren. Uns wurde berichtet dass es immer wieder versuche gibt von Vertreter:innen des Agrobusiness mit den Gemeinden auszuhandeln Waldflächen für landwirtschaftliche Flächen zu roden. Dagegen wehren sich aber die traditionellen Flussgemeinden, da der Wald ihnen eine Lebensgrundlage sichert. Um das Schutzgebiet haben jedoch großflächig Soja und Maisanbau den Wald verdrängt. Der Einsatz von Pestiziden wird von den Gemeinden kritisiert, da der Gifteintrag auch ihre Lebensräume betrifft mit negativen Folgen für ihre Gesundheit. Die brasilianische Krebsbehörde INCA, warnt dass bestimmte Krebsarten wie Brust-, Prostata- oder Darmkrebs sowie Krebs im Allgemeinen in Regionen mit hohem Pestizideinsatz auffällig häufig vorkommen. Zudem steigt die Gefahr für Schwangere, dass ihre Kinder aufgrund von Kontakt mit Pestiziden mit Geburtsfehlern zur Welt kommen. [1]

[1]
https://www.publiceye.ch/de/themen/pestizide/lukrative-giftgeschaefte-in-brasilien/die-gesundheitsfolgen-giftiger-pestizide-in-brasilien#:~:text=Unter%20den%20möglichen%20Folgen%20sieht,mehr%20als%20im%20Jahr%202000

 

Besichtigung einer nachhaltigen Produktionsstätte- Andiroba-Öl

Anschließend besichtigten wurde eine Produktionsstätte für Andiroba-Öl und Gummierzeugnisse. Diese Stätte dient als exemplarisches Modell für nachhaltige Waldwirtschaft. Die Besichtigung bot Einblicke in die praktische Umsetzung nachhaltiger Nutzungspraktiken im Einklang mit dem Schutz des Ökosystems. Die Prozesse der nachhaltigen Ressourcengewinnung und -verarbeitung wurden sachlich erläutert, um das Verständnis für die praktische Umsetzung von umweltverträglichen Praktiken zu vertiefen. Dieser Besuch verdeutlichte die Potenziale und Herausforderungen einer ausbalancierten Nutzung der Ressourcen des Regenwalds unter Berücksichtigung ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Aspekte. Die Nüsse werden von der traditionellen Gemeinde im Wald gesammelt. In einem eigenen hierfür gebauten Gebäude werden die Nüsse gekocht, von ihrer Hülle getrennt und das innere zu einer Masse verknetet. Diese wird auf einem leicht abwärts neigenden Holzbrett längst geformt. Das Öl tritt tröpfelnd hervor und wird unterhalb aufgefangen. Die Gruppe, die das Unternehmen leitet, setzt sich primär aus Frauen zusammen, die sich Nachbarschaftlich zusammengeschlossen haben. Die Produkte werden vor Ort sowie in der Nachbarschaft verkauft. Sie wollen sie zertifizieren lassen entfernter liefern zu können. Um den Anforderungen zu entsprechen haben sie dafür, gefördert unter anderem von Conservation International eine größeres Produktionsgebäude erbaut, die den hygenischen Standarts einer Zertifizierung entspricht.

Santarém – Austausch mit Wissenschaft und Zivilgesellschaft

Während des Mittagessens in Santarém traf ich Wissenschaftler:innen der Universität Santarém, Vertreter:innen der NGO „IPAM“ (Instituto de Pesquisa Ambiental da Amazonia) sowie Mitglieder der lokalen „handwerklichen Fischereivereinigung“. IPAM ist eine wichtige brasilianische NGO, die sich auf Forschung, Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung im Amazonasgebiet konzentriert. IPAM führt wissenschaftliche Studien durch, um die Umweltauswirkungen von menschlichen Aktivitäten zu analysieren und Lösungen für den Schutz des Regenwalds und der Biodiversität zu entwickeln. Die Organisation arbeitet eng mit Gemeinschaften, Regierungsbehörden und internationalen Partnern zusammen, um eine nachhaltige Nutzung der Ressourcen zu fördern und Umweltbewusstsein zu stärken. Themen des Austauschs waren das Management von Umweltschutzgebieten, nachhaltige Waldnutzung, nachhaltige Fischerei und Konzepte nachhaltiger Entwicklung.

Brasília – Treffen mit verschiedenen politischen Institutionen und Persönlichkeiten

Am 19. Mai standen bedeutende Treffen in der Hauptstadt Brasília auf dem Programm, die wichtige Diskussionen und Austauschmöglichkeiten boten. Einige der Treffen fanden gemeinsam mit Maik Außendorf, MdB, sowie Anna Cavazzini und Yannick Jadot aus dem EU-Parlament statt.

Vormittags trafen wir uns mit dem Leiter der Europäischen Abteilung im Außenministerium, Botschafter Márcio Fagundes do Nascimento. Dieses Treffen ermöglichte es, aktuelle Themen im Zusammenhang mit internationalen Beziehungen und Zusammenarbeit zu besprechen. Wir erörterten politische Aspekte, gemeinsame Projekte und kooperative Maßnahmen zwischen den Ländern.

Danach trafen wir uns mit der Vize-Ministerin des Ministeriums für ländliche Entwicklung und Familienlandwirtschaft, Fernanda Machiavelli, zusammen. Diese Begegnung fokussierte auf Aspekte der ländlichen Entwicklung, nachhaltigen Landwirtschaft und familiären Betrieben. Die Diskussion drehte sich um Wege zur Förderung ökologischer Landwirtschaft und zur Unterstützung ländlicher Gemeinschaften. Ein Schwerpunkt unserer Unterhaltung bildete die Gleichberechtigung von Frauen in der Landwirtschaft und die Förderung genau dieser.

Im Anschluss an das Treffen führte ich ein Gespräch mit einem Vertreter aus dem Indigenen Ministerium Brasiliens. Dieses Treffen bot die Gelegenheit, Einblicke in die politischen und administrativen Aspekte der indigenen Angelegenheiten des Landes zu erhalten. Der Austausch drehte sich um Themen wie indigene Rechte, Schutz von indigenem Territorium und die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung indigener Gemeinschaften.

Ein zentrales Thema unseres Austausches war der „Marco Temporal“. Der Marco Temporal besagte, dass nur solche Gebiete als neue indigene Territorien ausgewiesen werden können, die bereits im Stichjahr 1988 von Indigenen bewohnt wurden. Aufgrund von Vertreibungen lebten aber viele indigene Gemeinschaften zu diesem Zeitpunkt nicht auf ihren historischen Gebieten. Das indigene Ministerium sowie indigene Dachverbände in Brasilien sind deshalb gegen die Einführung von Marco Temporal. Die Demarkierung indigener Gebiete sollen zügig und aufgrund historischer Bewohnung der Gebiete fortgesetzt werden.

Wissenschaftler:innen auf der ganzen Welt weisen immer wieder nach, dass die traditionell von indigenen Gemeinschaften bewohnten Gebiete die mit der größten Artenvielfalt und am besten erhaltenen Ökosystemen sind. Mit anderen Worten: Die Abgrenzung indigener Gebiete und ihr Schutz vor illegalen Eindringlingen, Bergleuten, Holzfällern und dem Vormarsch der Agrarindustrie ist eine Garantie dafür, dass Biodiversität der Amazonaswaldes sowie die global wertvolle Kohlenstoffsenkfunktion erhalten bleibt und die Rechte der indigenen Völker respektiert werden. Eine von Apib und IPAM durchgeführte Analyse mit Daten von MapBiomas zeigt, dass 29 % des Territoriums um indigene Gebiete in Brasilien entwaldet sind, während innerhalb der indigenen Gebiete nur 2 % abgeholzt werden.

Am Nachmittag folgte ein Treffen mit verschiedenen Klima-NGOs in Brasília, das im IPAM (Instituto de Pesquisa Ambiental da Amazônia) stattfand. Teilnehmer dieser Gesprächsrunde waren Vertreter verschiedener Organisationen wie Observatório do Clima, Fridays for Future, ISA, APIB, IDS und ISPN. Während dieser intensiven Sitzung wurden Aspekte des Klimaschutzes, der Umweltpolitik und der Zusammenarbeit zwischen Nichtregierungsorganisationen und Regierungsstellen besprochen. Der Austausch ermöglichte es, unterschiedliche Perspektiven zu beleuchten und kollaborative Ansätze zur Bewältigung globaler Umweltprobleme zu erörtern. Eine weitere Zusammenarbeit soll ausgebaut werden, besonders mit Blick auf die UN-Klimakonferenzen.

Brasília – Cerrado

Besuch des Cerrado Gebiets & Austausch mit Akteuren vor Ort
Gemeinsam mit Maik Außendorf, MdB, sowie Anna Cavazzini und Yannick Jadot aus dem EU-Parlament wurde für diesen Tag ein Ausflug geplant, um sich mit dem Cerrado Gebiet um Brasília herum zu beschäftigen:

Das Cerrado-Gebiet in Brasilien spielt eine bedeutende Rolle im Umwelt- und Klimaschutz aufgrund seiner einzigartigen ökologischen Eigenschaften und Funktionen. Als eine der weltweit artenreichsten Savannen-Regionen beherbergt das Cerrado eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten, von denen viele endemisch sind und nur in diesem Gebiet vorkommen. Diese Biodiversität trägt zur Erhaltung der globalen Artenvielfalt bei und trägt dazu bei, natürliche Ökosysteme intakt zu halten.

Darüber hinaus fungiert das Cerrado als wichtiger Kohlenstoffsenker. Die Vegetation des Cerrado speichert erhebliche Mengen an Kohlenstoff in ihren Böden und Biomassen. Der Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung dieses Gebiets sind entscheidend, um die Freisetzung von Kohlenstoff in die Atmosphäre zu minimieren und somit zur Bekämpfung des Klimawandels beizutragen.

Das Cerrado ist auch ein wesentlicher Wasserspeicher für die Region. Seine Böden und Vegetation spielen eine entscheidende Rolle bei der Regulierung von Wasserflüssen, der Unterstützung von Grundwasserreservoirs und der Aufrechterhaltung des Wasserhaushalts in trockenen und feuchten Perioden. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Versorgung von Flüssen, Trinkwasser und landwirtschaftlichen Nutzflächen.

Die Bedeutung des Cerrado-Gebiets für den Umwelt- und Klimaschutz unterstreicht die Notwendigkeit, es vor Entwaldung, Landumwandlung und unkontrolliertem Ressourcenabbau zu schützen. Effektive Schutzmaßnahmen und nachhaltige Landnutzungspraktiken sind von großer Bedeutung, um die ökologischen Funktionen des Cerrado zu bewahren und seine Rolle bei der Erhaltung der Biodiversität und der Bekämpfung des Klimawandels zu unterstützen.
Wir starteten den Ausflug daher mit einem Besuch bei der ökologischen Farm, „Fazenda Malunga“. Die Betriebsführung der Farm verdeutlichte die Umsetzung ökologischer Landwirtschaftspraktiken und gab Einblicke in nachhaltige landwirtschaftliche Prozesse.

Die „Fazenda Malunga“ repräsentiert ein bemerkenswertes Beispiel für nachhaltige Landwirtschaft im brasilianischen Cerrado-Gebiet. Diese ökologische Farm verkörpert Prinzipien der Umweltverträglichkeit und zeigt, wie Landwirtschaft und Naturschutz in Einklang gebracht werden können.

Die Wahl nachhaltiger Anbaumethoden auf der „Fazenda Malunga“ trägt dazu bei, die natürlichen Ressourcen des Cerrado zu schonen. Durch den Verzicht auf chemische Pestizide und den Einsatz von natürlichen Düngemitteln werden Bodenqualität und Biodiversität erhalten. Die Integration von Agroforstwirtschaft und einer Vielfalt von Nutzpflanzen unterstützt ökologische Gleichgewichte, fördert die Artenvielfalt und steigert die Resilienz des Ökosystems.

Die „Fazenda Malunga“ illustriert auch, wie nachhaltige Landwirtschaft zur Lebensgrundlage von Gemeinschaften beitragen kann. Sie schafft Arbeitsplätze, fördert die lokale Wirtschaft und trägt zur Ernährungssicherheit bei. Diese Farm dient als Modell für umweltfreundliche Landnutzungspraktiken und demonstriert, wie ökologische, soziale und wirtschaftliche Aspekte harmonisch zusammenwirken können.

Indem die „Fazenda Malunga“ ökologische Verantwortung und wirtschaftliche Nachhaltigkeit miteinander vereint, leistet sie einen wertvollen Beitrag zur Bewahrung des Cerrado-Ökosystems. Sie zeigt auf, dass nachhaltige Landwirtschaft nicht nur die Umwelt schützt, sondern auch langfristige Vorteile für die Gemeinschaften und die Gesellschaft insgesamt bietet. Dieses Beispiel inspiriert dazu, ähnliche Ansätze im Einklang mit der Erhaltung der Umwelt zu verfolgen und gleichzeitig soziale und wirtschaftliche Ziele zu erreichen.

Nach einem informativen Vormittag auf der Farm begaben wir uns auf den Weg in die traditionelle Indigenen Region „Quilombo Mesquita“. Dort konnte ich mich mit Mitgliedern der Gemeinschaft austauschen und mehr über ihre Lebensweise erfahren.

Die traditionelle indigene Region „Quilombo Mesquita“ ist ein bedeutsamer Ort kultureller Identität, historischer Bedeutung und sozialer Zusammenhalt im brasilianischen Kontext. „Quilombo“ bezieht sich auf historische Gemeinschaften von entkommenen Sklaven, die sich in abgelegenen Gebieten niedergelassen haben. Diese Gemeinschaften entwickelten oft eigene Lebensweisen, Bräuche und Kulturen, die bis heute in ihrem Erbe weiterleben.

„Quilombo Mesquita“ zeichnet sich durch die Bewahrung und Pflege traditioneller indigener Praktiken und Werte aus. Die Bewohner dieser Region haben tiefe Bindungen zur Natur, zu ihrem Land und den ihnen überlieferten Traditionen. Die Gemeinschaftsstrukturen und sozialen Systeme sind eng miteinander verwoben und spiegeln eine tiefe Verbindung zur Geschichte und Kultur wider.

Die Bewohner von „Quilombo Mesquita“ sind oft Wächter einer reichen und einzigartigen Kultur, die sowohl spirituelle als auch pragmatische Aspekte umfasst. Ihre Lebensweise basiert auf nachhaltiger Nutzung der natürlichen Ressourcen und einer engen Beziehung zur Umwelt. Diese Gemeinschaft trägt dazu bei, traditionelles Wissen und Praktiken zu bewahren, die nicht nur für ihre eigene Identität von Bedeutung sind, sondern auch für die Erhaltung der kulturellen Vielfalt in Brasilien.
Der Besuch von „Quilombo Mesquita“ ermöglicht es, aus erster Hand einen Einblick in diese kulturell reiche und historisch bedeutsame Gemeinschaft zu gewinnen. Dabei können gegenseitiger Austausch und Dialog dazu beitragen, das Bewusstsein für indigene Kulturen zu schärfen und ihre Bedeutung im Kontext des Umwelt- und Kulturerhalts zu würdigen.

 

Zusammenfassend kann ich sagen, dass die Brasilienreise im Mai 2023 mit den vielfältigen Treffen und Begegnungen mir wertvolle Einblicke in die ökologischen, sozialen und politischen Herausforderungen des Landes boten. Die Diskussionen mit indigenen Vertreter:innen, NGOs, Wissenschaft und Regierungsstellen ermöglichten es, die komplexen Aspekte des Umwelt- und Klimaschutzes aus erster Hand zu erfahren. Die Gespräche mit Vertretern aus dem Indigenen Ministerium und den Gemeinschaften vor Ort vertieften mein Verständnis für die Bedürfnisse und Anliegen der indigenen Bevölkerung und zeigten die Notwendigkeit einer ausgewogenen Berücksichtigung ihrer Rechte und Interessen.

Besuche auf ökologischen Farmen, in traditionellen Gemeinschaften und Schutzgebieten verdeutlichten die praktische Umsetzung nachhaltiger Landnutzung und Umweltschutzpraktiken. Die Reise zeigte, wie sowohl ökologische Integrität als auch soziale Gerechtigkeit gefördert werden können, um langfristige Nachhaltigkeit zu gewährleisten.

Im Kontext meiner Reise nach Brasilien habe ich aber auch tiefe Einblicke in die Problematik des illegalen Goldabbaus sowie der Entwaldung gewonnen, der in dieser Region eine bedeutende Rolle spielt. Diese Praktiken stehen im Widerspruch zu den Bemühungen um den Schutz des Amazonasregenwaldes und der Förderung nachhaltiger Entwicklung.

Die Begegnung mit hochrangigen Vertretern in Brasília, darunter Ministeriumsvertreter und Botschafter, stärkte die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Brasilien. Diese Gespräche betonten die Wichtigkeit der gemeinsamen Anstrengungen, um Umwelt- und Klimaangelegenheiten anzugehen, und die Bedeutung der internationalen Kooperation für den Schutz unserer globalen Ressourcen.

Insgesamt zeigt meine Dienstreise nach Brasilien, dass die internationale Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Brasilien von entscheidender Bedeutung ist, um gemeinsam die drängenden Umwelt- und Klimaherausforderungen anzugehen. Die gewonnenen Erkenntnisse werden zweifellos meine Arbeit als Abgeordnete weiterhin beeinflussen.