Eine andere Welt ist Möglich!

Rede: „Atom ist keine Lösung für die Zukunft“

Rede im Bundestag am 19.10.2022 zu „Ausweitung des Energieangebotes“

Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte, dass wir die Ehrlichkeit haben, auch über die globalen Auswirkungen der sich verändernden Lieferwege fossiler Rohstoffe zu diskutieren. Deutschland sowie andere europäische Länder können es sich leisten, auf dem internationalen Markt hohe Preise für Flüssiggas, aber auch für Steinkohle zu zahlen. Damit verringert sich natürlich auch das Angebot für andere Länder, die es sich nicht leisten können, die höheren Preise zu zahlen. Die Verknappung und die höheren Preise, beispielsweise von LNG-Gas, führen bereits zu Stromausfällen und einer erheblichen Gefährdung der Energiesicherheit in Ländern wie Pakistan und Bangladesch.

Die Auswirkungen des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine verschärfen globale Ungerechtigkeit, verschärfen Armut und Hunger. Dieser Realität müssen wir uns in Deutschland stellen und die Verantwortung übernehmen, Lösungen zu erarbeiten und die prekäre Situation in den anderen Ländern nicht außer Acht zu lassen. Das darf uns nicht egal sein. Dafür werden wir Lösungen finden, Verantwortung übernehmen.

Die Lösung muss gleichzeitig natürlich auch Antworten auf die Herausforderungen der Klimakrise finden. Dass wir global aus der Verfeuerung von Öl, Gas, Kohle und aus Atom aus Sicherheitsgründen aussteigen müssen, bedeutet, dass wir natürlich die Versorgung mit Energie komplett auf Erneuerbare umstellen müssen.

Ich finde es wahrlich gefährlich, dass hier im Bundestag Desinformationen verbreitet werden und versucht wird, den Ausbau der Erneuerbaren zu behindern. Ich würde mich sehr freuen, wenn ich sehen würde, dass in Bayern mehr Windanlagen erstellt worden wären; denn die Ausbremsung der Erneuerbare-Energie-Wende in anderen Regionen führt dazu, dass in meiner Region der soziale Friede wieder gefährdet ist. Danke für nichts!

Atom ist aber auch keine Lösung für die Zukunft. Koloniale Ausbeutung und Ungerechtigkeit beginnen bei der Atomenergie bei den Uranminen. Verletzung von Menschenrechten und massive Verseuchung von Umwelt dürfen nicht die Grundlage sein, der Beginn unserer Energieversorgung.

Deshalb möchte ich auch die Forderung nach neuen Brennstäben sehr klar zurückweisen. Atomkraft ist und bleibt eine Risikotechnologie. Ich weiß nicht, ob Sie sich an Fukushima oder Tschernobyl erinnern. Ich kann mich sehr wohl an die Auswirkungen erinnern. Wir sollten wahrlich um jedes AKW froh sein, das irgendwo auf der Welt vom Netz geht.

Wenn im nächsten Jahr erneut ein Hitzesommer droht – solche Sommer werden durch die Klimakrise nun mal normal, auch in unserer Region -, wird Frankreich erneut massive Kühlwasserprobleme bei seinen AKWs bekommen. Das ist wahrlich nicht der einzige Grund, warum wir in der Energieversorgung die Klimakrise nicht ausklammern dürfen.

Das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung hat erst vor Kurzem vor der drohenden Überschreitung der Kipppunkte in unserem Klimasystem gewarnt. Ein Kipppunkt ist beispielsweise beim Grönländischen Eisschild zu befürchten. Ab einem gewissen Punkt wird es so sein, dass das Abschmelzen nicht mehr aufzuhalten ist, egal ob wir uns entscheiden, die Emissionen zu reduzieren. Unsere Erde wird sich aufgrund des verlorenen Kühleffekts des reflektierenden Eisschildes weiter erhitzen. Laut dem PIK besteht die Gefahr, dass dies ebenso wie das Auftauen der Permafrostböden passiert, und zwar bereits bei dem derzeitigen Stand der globalen Treibhausgaserhöhungen.

Unsere Energieversorgung ist untrennbar mit dem Aufhalten der Klimakrise verknüpft. Das bedeutet nur eines: erstens massiver Ausbau der erneuerbaren Energien, zweitens eine Energieeffizienzrevolution und drittens Maßnahmen, um die Energieeinsparungen voranzubringen.

Um unsere Energieversorgung krisenfest zu machen, benötigen wir aber auch eine Abkehr von der Abhängigkeit von großen Konzernen. Die Beinahepleite von Uniper ist hier ein konkretes Beispiel. Wir brauchen aber auch politischen Handlungsspielraum bei der Abschaltung von Kohlekraftwerken bis 2030, Handlungsspielraum, um beispielsweise Kohlekraftwerke aufgrund der Realität der Klimakrise doch eher abzuschalten und damit unsere Klimaziele einzuhalten, die 1,5-Grad-Grenze nicht zu überschreiten.

Damit die Alternativen zu Fossilen groß werden und wir eine Abkehr von unbelehrbaren Kohlekonzernen haben, sind Erneuerbare in Bürger/-innenhand die Lösung. Gut die Hälfte unseres Stromverbrauchs decken bereits die erneuerbaren Energien. Rund 50 Prozent der Anlagen sind immer noch in Bürger/-innenhand. Das wollen wir unterstützen, weiter fördern und damit die Grundlage für eine klimagerechte und demokratische Zukunft legen.

Vielen Dank.