Eine andere Welt ist Möglich!

COP27 Ergebnisse:
Etappensieg bei Loss&Damage, Stillstand bei Klimaschutz

ERFOLGE

Die #COP27 ist zu Ende und es fällt mir schwer die richtigen Worte zu finden. Jahrelang wurde die Forderung nach einem #LossAndDamage (Verlust & Zerstörung) Fonds für nicht durchsetzbar abgetan – jetzt steht die Einrichtung schwarz auf weiß im Abschlussdokument.

The Conference of the Parties and the Conference of the Parties serving as the meeting of the Parties to the Paris Agreement […] establish a fund for responding to loss and damage whose mandate includes a focus on addressing loss and damage;“

https://unfccc.int/sites/default/files/resource/cma4_auv_8f.pdf 

Ein wichtiger Etappensieg für die am stärksten betroffenen Regionen, ein Erfolg der jahrelangen Arbeit der internationalen Klimagerechtigkeitsbewegung, die den Punkt auf die Agenda der #COP27 gehoben haben, und von Jennifer Morgan, unserer klimadiplomatischen Staatssekretärin. Danke euch allen!

Regionen die bereits jetzt existenziell von der Klimakrise stark betroffen sind, sollen hier Zugang zu dringend benötigten Finanzen erhalten und somit im Schadens- und Verlustfall Unterstützung erhalten. Die genaue Ausgestaltung wird nun weiter verhandelt: Dafür soll nun eine Kommission gegründet werden, die bei der nächsten COP28 in Dubai konkrete Modalitäten vorstellt. Wichtig für uns bei der Einrichtung des Fonds ist, dass er direkt zugänglich ist für die Menschen, die besonders verwundbar gegenüber der Klimakrise sind; darunter gehören u.a. Indigene Völker, die oftmals nicht gehört werden. Ebenfalls werden wir uns dafür einsetzen, dass der Fonds gender-sensibel ausgestaltet wird. Was wir jetzt sofort brauchen: Finanzielle Ausgestaltung für den Fonds. Dafür gab es bei der COP27 leider keine guten Neuigkeiten. So konnte nicht festgelegt werden, dass im neuen post-2025 Finanzierungsziel neben Geldern für Klimaschutz und Anpassung auch für Loss and Damage bereitgestellt werden. Zusagen der Länder fehlen bisher. Auch werden wir uns dafür einsetzen, dass Länder, die heute einen hohen fossilen Verbrauch haben – wie China- ebenfalls zum Einzahlen in den Fonds aufgefordert werden, denn ohne Geld, keine Unterstützung aus der neuen Fazilität heraus.

Ein weiteres gutes Ergebnis ist die Ankündigung für einen Fonds zur Einrichtung von Frühwarnsystemen (1): Durch klimabedingte Katastrophen sind immer mehr Menschen gefährdet. Daher stellte UN-Generalsekretär António Guterres einen Plan vor, mit dem sichergestellt werden soll, dass innerhalb der nächsten fünf Jahre alle Menschen auf der Erde durch Frühwarnsysteme geschützt werden. Die Initiative „Frühwarnung für alle“ sieht für den Zeitraum 2023 bis 2027 neue gezielte Investitionen in Höhe von 3,1 Milliarden Dollar vor. Die Weltorganisation für Meteorologie bezeichnet Frühwarnsysteme für klimabedingte Katastrophen als „low hanging fruit“, weil sie besonders günstig sind und dafür viel Schaden vorbeugen können.

(1) https://news.un.org/en/story/2022/11/1130277 

SCHATTENSEITEN

Obwohl ich schon auf vielen UN-Klimakonferenzen war, war ich den Verhandlungen doch noch nie so nah. Geopolitisches Machtpoker, ausgetragen auf dem Rücken der Verwundbarsten. Die Verweigerung einen Ausstieg aus allen Fossilen niederzuschreiben, gar die 1,5 Grad Grenze in Frage zu stellen – es gleicht einer Verweigerung der Realität einer Welt, in der bereits die Kipppunkte unseres Klimasystems überschreiten. Auch wenn die COP27 immerhin nicht hinter die Ergebnisse der COP26 gefallen sind, verlieren wir mit dieser COP jedoch kostbare Zeit, um die Klimakrise global zu bekämpfen.

Der Ausstieg aus den fossilen Energien wäre als Beschluss der Weltgemeinschaft bitter nötig gewesen, aber hier konnte außer bei Kohle keine weitere Einigung errungen werden. Auch wurde keine Einigung gefunden, den Ausbau von erneuerbaren Energien festzuschreiben: Gefordert wird nur ein „sauberer Energiemix“. Es wurde sich auf ein sehr vages Aktionsprogramm zur Senkung der Treibhausgasemissionen geeinigt. Jetzt sollen die Staaten bis zur COP28 in 2023 ihre nationalen Ziele für 2030 nachbessern, entlang des 1,5 Grad Pfades. Es wird zentral wichtig sein auf der nächsten COP für die globale Energiewende eine klare Sprache zu finden sowie die Minderungsziele für Treibhausgasemissionen weiter nachzuschärfen. 

Immerhin ca. 105,6 Mio. USD an neuen Finanzhilfen wurden auf der COP27 zugesagt. Dies schließt jedoch bei weitem nicht die fehlende Finanzierungslücke: Die eigentlich bis 2020 versprochenen 100 Mrd. USD jährlich, wurden bis heute nicht erreicht. Das Abschlussdokument hält hier nochmal den extremen Finanzbedarf zur Klimatransformation fest: So müssen bis 2030 ca. 4 Mrd. USD in den Ausbau von Erneuerbaren global investiert werden, um auf Linie der Klimaneutralität bis 2050 zu kommen, und ca. 6 Mrd. USD bis 2030 zur Umsetzung der NDCs (Nationale Klimapläne). Auch die Finanzhilfen für Klimaanpassung müssen erhöht werden.

„Expresses serious concern that the goal of developed country Parties to mobilize jointly USD 100 billion per year by 2020 in the context of meaningful mitigation action and transparency on implementation has not yet been met and urges developed country Parties to meet the goal.“

https://unfccc.int/event/cop-27

 

Anstelle von den Fossilen, sollte viel mehr in in die globale Klimafinanzierung investiert werden. Festgestellt wurde nämlich, dass die globalen Klimafinanzierungsströme nur ca. 31-32 % der jährlichen Investitionen entsprechen, die eigentlich erforderlich sind, um den globalen Temperaturanstieg deutlich unter 2 °C oder bei 1,5 °C zu halten.

Mit großer Sorge beobachten wir weiter die Situation der Menschenrechte in Ägypten. Wir befürchten im Nachgang der UN-Weltklimakonferenz eine weitere Verhaftungswelle gegen zivilgesellschaftliche engagierte Menschen und eine Verschlechterung für bereits im Gefängnis sitzende Personen, wie dem Blogger Alaa Abd el-Fattah. Politische Gefangene müssen frei gelassen und das Recht auf Meinungs-, Versammlung- und Pressefreiheit gewährleistet sein. Die enge Zusammenarbeit mit der ägyptischen Zivilgesellschaft werden wir weiter fortführen und auf unsere Partner*innen acht geben.

Des Weiteren ist mir zum einen die drastische Ausgrenzung der Zivilgesellschaft von der COP27 aufgefallen – unter anderem durch absurde ausgewiesene Demonstrationsflächen mit Passkontrolle und ständiger Videoüberwachung außerhalb des COP27 Geländes. Zum anderen der massive Aufwuchs (um ca. 25%) der fossilen Lobby auf dem COP27 Gelände. Diese Disbalance zeigt sich deutlich in den Verhandlungsergebnissen. Für die kommenden Weltklimakonferenzen muss hier ein Konzept vorgelegt werden, welches gesellschaftliche Interessenvertretungen über die von wirtschaftlichen Einflussgruppen stellt.